„Sie sind ein Versager! Die Planung ist sinnlos!“ – bei der fiktiven Bürgerversammlung im Empowerment-Workshop „Mit Überzeugungskraft zur Veränderung!“ ging es beim BUVKO 2025* von Minute eins richtig zur Sache. Im Spontantheater-Format erlebten die Teilnehmenden den Umgang mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Charakteren und Blickwinkeln bei Transformationsprojekten und erhielten Tipps für die Lösung festgefahrener Argumentationsketten.
Zu diesem Zweck hatte das Baden-Württemberg Institut für Nachhaltige Mobilität eine lebensnahe Debatte inszeniert. Im Mittelpunkt: Die städtischen Planungen für ein multifunktionales Mobilitätszentrum in Verbindung mit einem neuen Verkehrskonzept für Dorfsburg-West. Alles frei erfunden – genauso wie die Minibriefings, die die AG-Teilnehmenden auf ihren Stühlen vorgefunden hatten, um in die Rolle der Dorfsburger Bevölkerung zu schlüpfen. Und das geschah mit Bravour, erstaunlicher Authentizität und kreativem Humor. Von Frisuren unterm Fahrradhelm, Existenzangst von Paketboten und Restaurantbetreibern über einen Möchtegern-Verkehrsplaner sowie Bedenken bzgl. Bauzeit, Sicherheit und vulnerablen Gruppen bis hin zu Fake News über einen Investor aus dem Nachbarort entwickelte sich ein gewaltiger Chor der Ansprüche und Gegensätze. Diesem ausgeliefert: Oberbürgermeisterin, Planungsleiter, Bürgervereinsvorsitzende und Pressesprecherin auf dem Podium der Bürgerversammlung. Eine riesige Herausforderung, zu deren Bewältigung die Debatte mittels Buzzer kurzzeitig eingefroren werden konnte. Am Buzzer: BWIM-Leiter Christoph Hupfer und Kommunikationscoach Ivo Pietrzak, die nicht nur aufzeigten, wo es ursächlich klemmt, sondern auch konkrete Ansätze zur Konfliktlösung und souveränen Steuerung der Diskussion boten.



Crashkurs Kommunikation: Verbündete finden, Zweifler überzeugen
Weitergeführt wurden die Thematik nach der Kaffeepause in zwei Fokusgruppen. Das Mini-Coaching „Verbündete finden, Zweifler überzeugen“ vertiefte die zuvor angerissenen Kommunikationsmethoden. Ivo Pietrzak veranschaulichte mit dem „Eisbergmodell“ den Spagat zwischen Sach- und Gefühlsebene und ging auf die Fragen der AG-Teilnehmenden ein. Deutlich wurde u.a.: Zweifel müssen auf den Tisch geholt und besprochen werden. Die Benefits einer Veränderung müssen greifbar sein. Eine transparente Kommunikation auf Augenhöhe ist wichtig – darf aber nicht manipulativ wirken. Das Setting einer Veranstaltung sollte gut gewählt werden. Bei Extremreaktionen überlegen: Was steckt dahinter? Welche Erfahrungen hat mein Gegenüber gemacht? Und auch: Was löst das in mir aus? Reflexion ist eine wichtige Basis, um die Gefühlsebene zu überwinden und auf Sachebene miteinander sprechen zu können.
Erfolgreich arbeiten mit Politik und Verwaltung – Beispiel Mobilitätspakte Baden-Württemberg
Mit Katharina Kuch (Regierungspräsidium Karlsruhe) und Manfred Stindl (VCD Wiesloch) diskutierte die parallel stattfindende Fokusgruppe die Dos and Don’ts in der Zusammenarbeit von Bürgerinitiativen und Verwaltungen. Beide arbeiten im Mobilitätspakt Walldorf-Wiesloch mit weiteren Stakeholdern – u.a. aus Städten, Verbänden und Unternehmen – erfolgreich zusammen. Betont wurde die Wichtigkeit, ein gemeinsames Ziel zur Grundlage der Zusammenarbeit zu machen und „maßnahmenblind“ in Projekte einzusteigen. Also zu Beginn die Vision zu fokussieren und erst darauf aufbauend geeignete Maßnahmen festzulegen. Eine hohe Transparenz fördere nicht nur das gegenseitige Vertrauen, sondern schaffe auch Verständnis für Rahmenbedingungen und notwendige Verwaltungsprozesse. Ebenfalls thematisiert wurde u.a., wie Verbände oder Bürgerinitiativen rechtfertigen, „die Bürgerschaft“ zu vertreten, und wie Verwaltungen von zivilgesellschaftlichem Engagement profitieren können.
* Der Bundesweite Umwelt- und Verkehrskongress (BUVKO) fand vom 28. bis 30. März 2025 in der Karlsruher Messe statt.