Mobilitätstypen und Siedlungsstruktur im Wechselspiel
Qualität von alltäglicher Mobilität in Baden Württemberg
Wie müssen (nachhaltige) Mobilitätsangebote in zentral und peripher geprägten Regionen Baden-Württembergs aussehen, damit sie den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprechen?
Die in Land Baden-Württemberg angestrebte Mobilitätstwende kann nur erfolgreich sein, wenn sie vor Ort und in der alltäglichen Mobilität machbare und attraktive Lösungen für die Bürger*innen anbietet. Damit ist die Erfassung der Mobilität und ihrer Veränderungen in Bezug zum räumlichen Umfeld essentiell.
Diese Fragestellung untersucht der neue Themenbereich Humangeografie des BWIM, der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) angesiedelt ist.
Die Humangeographie untersucht hier den Ansatz menschliches Handeln im Raum und die Auswirkungen dessen auf den Raum – es geht also um das Verhältnis Raum und Mensch:
- Auf welche Weise sind die Menschen aus welchen Gründen und aus welchen Entscheidungen heraus in welchen Raumeinheiten und Siedlungsstrukturen mobil?
- Bestehen Zusammenhänge zwischen Mobilitätshandeln und Raum/Siedlungsstruktur?
- Bestehen Zusammenhänge zwischen wahrgenommener Qualität der Mobilitätsangebote und Raumstrukturen?
So macht der humangeografische Ansatz Zusammenhänge zwischen Siedlung und Mobilität deutlich, um darüber Erkenntnisse für die Siedlungsentwicklung zu generieren, die (hoffentlich) eine nachhaltige Mobilität fördern können
Das Forschungsprojekt
Im Mittelpunkt liegt die Überschneidung von individuell-sozialen Faktoren (Individuumsebene: Mobilitätstypen) mit raumstrukturellen Gegebenheiten auf einer kleinräumigen Ebene. So sollen Aussagen über das Mobilitätshandeln der Bevölkerung, die Qualität der (nachhaltigen) Mobilität und Handlungsbedarfe im Übergang von urbanen zu peripheren Zonen in einem zentral-städtisch geprägten und einem eher peripher-ländlich geprägten Raum möglich sein.
Untersuchte Regionen
Im Fokus werden zwei strukturell unterschiedliche Untersuchungsräume stehen: Im städtisch geprägten Landkreis Karlsruhe die Stadt Karlsruhe selbst als Oberzentrum, Bruchsal als Mittelzentrum sowie zwei peripher gelegene Gemeinden und im ländlich geprägten Landkreis Schwäbisch Hall die Stadt Schwäbisch Hall als Mittelzentrum und ausgewählte periphere Umlandgemeinden. So wird innerhalb der jeweiligen Region ein räumliches Kontinuum von einer urbanen über eine suburbane bis hin zu einer ländlichen Raumstruktur hinsichtlich der dort praktizierten Mobilität abgebildet.
Erste Phase - Untersuchung des Mobilitätsverhaltens
Welche Menschen sind auf welche Art und Weise und aus welchen Gründen in ihrem Alltag mobil? Hier wird der individuelle Status Quo der Mobilitätsgewohnheiten erhoben. Damit verbunden sind auf personaler Ebene die mobilitätsbezogenen Bedürfnisse und Bedarfe, Haushaltskontexte, soziodemographische Faktoren und die Sozialisation. Daraus sollen Mobilitätstypen gebildet werden. Die individuelle und alltägliche Handlungsebene wird damit über das Zentral-peripher-Kontinuum im Raum verortet.
Zweite Phase - Mobilitätsangebote im Raum
In einem zweiten Schritt werden die raumstrukturellen Mobilitätsmöglichkeiten, der Ist-Zustand, für die alltäglichen Aktivitätszwecke in den verschiedenen Raumkategorien erfasst. Das heißt, es wird erhoben, welche Mobilitätsangebote vorhanden sind. Dazu zählen die räumliche und zeitliche Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln, Erreichbarkeiten sowie Verknüpfungsmöglichkeiten verschiedener Verkehrsmittel (Stichwort: Intermodalität). Dabei ist entscheidend, zwischen einer objektiven Ebene und der subjektiven Wahrnehmung zu unterscheiden. Darüber hinaus spielen für diesen Schritt auch Aspekte eine Rolle, die die Nutzung eines Verkehrsangebotes verhindern.
Dritte Phase - Wünsche und Bedarfe vor Ort
Im dritten Schritt sollen schließlich Wünsche und Bedarfe an (nachhaltige) Mobilitätsangebote erfasst und auf die Mobilitätstypen in den Untersuchungsräumen bezogen werden. Ziel ist es, spezifische Angebote und Maßnahmen abzuleiten, die die Wahl nachhaltiger Verkehrsmittel (Umweltverbund, Sharing-Angebote, E-Mobilität) attraktiver machen und die Nutzung des MIV reduzieren. Somit können für Politik und Planung Verbesserungspotenziale für verschiedene Mobilitätstypen der Bevölkerung in konkreten Räumen abgebildet werde