Mobilitätsqualität verstehen und bewerten

Wie Menschen mobil sind, hängt von vielen Faktoren ab – Einkommen, Lebensumstände, Wohnort, verfügbare Verkehrsmittel oder körperliche Voraussetzungen. In der klassischen Verkehrsplanung ging man lange davon aus, dass Menschen mit ähnlichen Merkmalen auch ein ähnliches Mobilitätsverhalten zeigen.

Mobilität ist individuell – doch Muster lassen sich vergleichen

Diese sogenannten verhaltenshomogenen Personengruppen bildeten die Grundlage vieler Analysen.

Heute wissen wir: Mobilität ist individuell. Dennoch liefern Personengruppen wertvolle Erkenntnisse, um Mobilitätsbedürfnisse und Mobilitätsverhalten besser zu verstehen – und so gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilitätsqualität zu entwickeln.

Auch im mobi.mapr bilden Personengruppen die methodische Grundlage. Sie basierten im ersten Schritt auf den in der bundesweiten Studie Mobilität in Deutschland (MiD) erhobenen Daten, in der Menschen anhand von Alter, Erwerbstätigkeit und Pkw-Verfügbarkeit bestimmten Gruppen zugeordnet werden.

Um daraus aussagekräftige Mobilitätsanalysen abzuleiten, verknüpft der mobi.mapr die MiD-Daten mit Informationen zu Alltagsaktivitäten (>> mehr zur Alltagsmobilität) und verfügbaren Verkehrsmitteln (Modi). Diese Daten werden mit vergleichbaren Regionen (>> mehr zu den Regionalklassen) abgeglichen und in Beziehung gesetzt.

In den Karten entsteht so ein detailliertes Bild darüber

  • welche Aktivitäten den Alltag bestimmter Gruppen prägen,
  • welche Verkehrsmittel bevorzugt werden, und
  • wo Unterschiede in der Erreichbarkeit alltäglicher Ziele bestehen.

Auf dieser Basis werden aus Personengruppen Personas entwickelt – realitätsnahe Modelle typischer Mobilitätsmuster.

Wie entsteht eine Persona im mobi.mapr?

Jede Persona im mobi.mapr wird durch zwei zentrale Aspekte definiert:

  • Aktivitäten: Welche Wege im Alltag wie häufig ausgeführt werden.
  • Verkehrsmittel: Welche Mobilitätsoptionen zur Verfügung stehen.

Die Grundlage bilden die MiD-Daten, ergänzt durch offene Geodatenquellen wie OpenStreetMap. So entsteht ein datenbasiertes Abbild typischer Alltagsmobilität in unterschiedlichen Lebenssituationen.

Die folgende Übersicht zeigt exemplarisch, wie sich Alltagsaktivitäten (Wegezwecke) zwischen verschiedenen Personengruppen unterscheiden:

  • Rund 19 % der täglichen Wege berufstätiger Pkw-Besitzer*innen stehen im Zusammenhang mit Erledigungen des täglichen Bedarfs, bei Studierenden mit Pkw sind es dagegen nur 13 %.
  • Umgekehrt entfallen bei Studierenden mit Pkw rund 25% der täglichen Wege auf Treffen mit Freunden, Verwandten oder Bekannten – bei Berufstätigen mit Pkw nur etwa 13 %.
Berufstätige(r) mit verfügbarem PkwBerufstätige(r) ohne verfügbaren PkwNicht-Berufstätige(r) mit verfügbarem PkwNicht-Berufstätige(r) ohne verfügbaren PkwStudent(in) mit verfügbarem Pkw
täglicher Bedarf19%20%22%24%13%
Arztbesuch, andere medizinische Dienstleistungen4%4%7%9%2%
Besuch/Treffen von Freunden, Verwandten, Bekannten13%12%11%10%24%
Sport (selbst aktiv), Sportverein (z.B. Fußball, Tennis, Training, Wettkampf)6%7%5%3%9%
Restaurant, Gaststätte, Mittagessen, Kneipe, Disco6%9%4%4%7%

Auszug aus der MiD 2017 mit Detailwegezwecken

Diese Auswertungen fließen unmittelbar in die Persona-Profile des mobi.mapr ein und bilden die Grundlage für regionale Analysen und Vergleiche der Mobilitätsqualität.

Aussagekraft der MiD-Personengruppen

Die MiD-Studie erfasst zwölf Personengruppen, die bundesweit unterschiedlich stark vertreten sind.

Diese Gruppen bieten eine solide Grundlage, um allgemeine Aussagen über die Mobilität in Deutschland zu treffen. Ihr Anteil variiert jedoch aufgrund regionaler Unterschiede oder Siedlungsstrukturen je nach Region teils erheblich. Deshalb ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich, um regionale Mobilitätsmuster und Besonderheiten angemessen einordnen zu können.

In ländlichen Gebieten dominieren häufig Berufstätige mit eigenem Pkw, während in städtischen Räumen eher Studierende oder Personen ohne Auto unterwegs sind. Doch auch innerhalb einer Region zeigen sich Unterschiede – etwa in der Dichte von Alltagsangeboten, dem Angebot an Verkehrsmitteln oder der Erreichbarkeit zentraler Ziele.

Diese regionalen und sozialen Unterschiede prägen das tägliche Mobilitätsverhalten und beeinflussen maßgeblich die Mobilitätsqualität. Aus diesem Grund muss Mobilität immer regional differenziert gedacht werden.

Das macht es wichtig, auch kleinere Personengruppen gezielt in der Analyse einzubeziehen. Ältere Menschen, Schüler*innen oder Personen mit Mobilitätseinschränkungen haben unterschiedliche Ansprüche an die Mobilität vor Ort. Ihre Perspektive liefert wertvolle Hinweise darauf, wo Mobilität noch nicht für alle funktioniert – und wo gezielte Maßnahmen die Mobilitätsqualität und Teilhabe verbessern können.

Um diese Aspekte besser sichtbar zu machen, wurden im mobi.mapr zusätzliche Persona-Profile entwickelt.
Wie diese entstehen und welche Bedeutung sie für die Praxis haben, wird im nächsten Blogbeitrag erläutert.

Mobilität in Karten:
Wie gut ist die Mobilitätsqualität für unterschiedliche Personen?

Nachdem deutlich wurde, wie stark Mobilität durch regionale und soziale Unterschiede geprägt ist, stellt sich die Frage, wie gut die Mobilitätsqualität in Deutschland für unterschiedliche Personengruppen tatsächlich ausfällt.

Zur Visualisierung dieser Unterschiede wurden in der Analyse zwei Darstellungsformen eingesetzt, die verschiedene Zugänge zu den Daten ermöglichen.

  • Vergleichskarten bieten einen schnellen Überblick, wie sich die Alltagsmobilität verschiedener Personas unterscheidet.
  • Interaktive Karten erlauben eine detaillierte Analyse nach Region, Verkehrsmittel oder Aktivität und machen Unterschiede in der Mobilitätsqualität im Detail sichtbar.

Vergleichskarten

Die aktuellen Vergleichskarten stellen folgende Personas gegenüber:

  • Schüler*in vs. Berufstätige ohne PKW
  • Student*in vs. Berufstätige mit PKW

Der Fokus liegt auf den Alltagsaktivitäten bei gleichem Verkehrsmittel. Mit dem Schieberegler lassen sich die Karten bequem miteinander vergleichen.

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Im Vergleich: Schülerinnen und Schüler zwischen 11 und 17 Jahren und Berufstätige – alle ohne Auto
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Das erste Kartenpaar zeigt, dass Lebenssituation und Alltag das Mobilitätsverhalten entscheidend beeinflussen. Schüler*innen besuchen häufiger Bildungs- oder Freizeitorte (z.B. Kino, Schwimmbad), die oft in den Außenbezirken liegen und nicht immer gut angebunden sind. Berufstätige bewegen sich dagegen häufiger zwischen zentral gelegenen Orten wie Restaurants oder Cafés – ihre Mobilitätsqualität fällt vielerorts höher aus.

Das zweite Kartenpaar verdeutlicht, dass unterschiedliche Lebenssituationen nicht zwangsläufig zu ungleichen Mobilitätschancen führen. Studierende und Berufstätige verfolgen zwar verschiedene Aktivitäten, doch ihre Ziele sind räumlich meist so ausgewogen verteilt, dass ihre Mobilität insgesamt ähnlich gut funktioniert.

Die Vergleiche machen deutlich, wie unterschiedlich sich Mobilität je nach Lebensphase und Alltagssituation gestaltet – und unter welchen Voraussetzungen vergleichbare Mobilitätsqualitäten entstehen.
Mobilität ist damit nicht allein eine Frage der Erreichbarkeit, sondern auch der Vielfalt, Lage und Gleichwertigkeit erreichbarer Ziele.

Interaktive Karten

Über die interaktiven Karten lassen sich die Mobilitätsqualitäten einzelner Personas detailliert betrachten und vergleichen – nach Region, Verkehrsmittel oder Aktivität. So können räumliche und soziale Unterschiede in der Mobilität gezielt analysiert werden.

Es stehen Analysen für folgende Personas zur Verfügung:

Ein Klick auf die jeweilige Persona führt direkt zum interaktiven Dashboard des mobi.mapr. Dort lassen sich Mobilitätsmuster visuell vergleichen und Unterschiede in der Mobilitätsqualität nachvollziehen.